Aktuell scheint es fast so, als gäbe es in der Fitnesswelt kaum ein anderes Thema als das Faszientraining mit dem Foam Roller. Das ist prinzipiell auch eine gute Sache, denn unser moderner Lebensstil führt schließlich nachweislich dazu, dass unsere Faszien verkleben und verhärten. Die daraus entstehenden Schmerzen und Bewegungseinschränkungen lassen sich mit der Faszienrolle sehr gut beseitigen. Und auch für die Förderung der Muskelregeneration ist der Foam Roller eine wirklich gute Sache. Mit dem »Foam Roller Hype« sind aber auch einige Probleme verbunden.

Wie so oft im Fitnessbereich greift nämlich auch hier das Flaschenpost-Prinzip, das die Entstehung von sich hartnäckig haltenden Fehlinformationen fördert. Dass das Training mit dem Foam Roller Narbengewebe aufbrechen und beseitigen kann, ist nur eine der zahlreichen Fehlannahmen. Selbst wenn du dich für erfahren im Umgang mit der Faszienrolle hältst, ist es wahrscheinlich, dass du zumindest einen der drei folgenden Fehler bereits selbst begangen hast.

Fehler 1 – Jeden Tag mit dem Foam Roller trainieren

Viel hilft viel! Ohne übertreiben zu wollen, ist doch genau dieses Prinzip dasjenige, das im Bereich des Fitnesssports so weit verbreitet ist wie kein anderes. In Wahrheit hat es beim Foam Rolling aber ebenso wenig Gültigkeit wie beim Krafttraining. Auch wenn du im Fitnessstudio einige Sportler siehst, die die Faszienrolle wahrscheinlich öfter benutzen als ihre Zahnbürste, heißt das nicht, dass es sinnvoll ist. Der Grund ist ganz einfach: Auch das Fasziengewebe muss sich regenerieren.

Stell dir vor, du übst mit der Faszienrolle jeden Tag massiven Druck auf das Gewebe aus, sodass dieses gedehnt wird. Da die Kollagenfasern in der Regel nur 24 Stunden für die Erholung bekommen, ist die Regeneration vor der nächsten Einheit natürlich nicht abgeschlossen. Ähnlich wie beim Muskeltraining kannst du also auch hier in eine Negativspirale kommen. Mit der eigentlich gut gemeinten Maßnahme erreichst du also das Gegenteil und erhöhst im schlimmsten Fall deine Verletzungsanfälligkeit.

Ebenso wie die Häufigkeit des Krafttrainings hängt auch die Anzahl der Einheiten mit dem Foam Roller pro Woche vom individuellen Fitnesslevel ab. Für den Durchschnittssportler sind zwei Einheiten in einer Woche aber völlig ausreichend. Ausnahmen bestehen nur dann, wenn ein spezieller Körperbereich Probleme macht.

Pro-Tipp: Faszientraining für fitte Füße
Wusstest du, dass unsere Füße am meisten unter unserem modernen Leben leiden? Dadurch, dass wir im Alltag kaum mehr ohne Schuhe auskommen, verkümmern die Muskeln an den Fußsohlen. Auch die Faszien neigen zum Verkleben, was zu Verkrampfungen, Schmerzen und Balanceproblemen führen kann. Dem kannst du mit Hilfe eines Tennisballs entgegenwirken. Stell dich mit der Fußsohle auf den Ball und massiere deine Fußsohlen, indem du den Tennisball über die gesamte Länge des Fußes nach vorne und hinten rollst. Drei bis vier Einheiten mit jeweils zwei Minuten pro Fuß bescheren dir fitte Füße.

Fehler 2 – Unglaublich harte Foam Roller benutzen

Gerade im Fitnessbereich verwechseln viele Menschen das Ertragen von Schmerzen mit dem Erlangen von Ehre. Manche Gurus aus dem Internet gehen sogar so weit, dass du eine besonders harte Faszienrolle nutzen sollst, um Narbengewebe zu lösen. In Wahrheit haben Schmerzen aber auch beim Foam Rolling nichts mit dem Erfolg der Maßnahme zu tun. Und wie bereits zu Beginn angesprochen, ist auch das »Aufbrechen« von Narbengewebe selbst mit einer extrem harten Faszienrolle nicht möglich.

Der einzige Weg für die Beseitigung von vernarbtem Bindegewebe ist ein operativer Eingriff. Und auch sonst bringt das exzessive Training mit steinharten Faszienrollen nichts. Ab einem gewissen Punkt lässt sich Fasziengewebe einfach nicht mehr bearbeiten. Um das zu verstehen, solltest du dir beim Metzger vielleicht einmal ein Stück Fleisch mit kräftigem Fasziengewebe besorgen. Du wirst merken, dass dieses extrem widerstandsfähige Gewebe ab einem gewissen Punkt nicht mehr auf mechanische Einflüsse von außen reagiert.

Genauso ist es auch bei den Faszien, die deine Muskeln umgeben. Alles, was du durch übertriebene Kompression erreichst, sind Gewebequetschungen und andere Verletzungen. Dein Körper besteht schließlich nicht nur aus Muskulatur und Fasziengewebe, sondern auch einem weit verzweigten Netz empfindlicher Nerven- und Blutbahnen. Dass massive mechanische Belastung kontraproduktiv sind, brauchen wir also nicht weiter auszuführen.

Fehler 3 – Annehmen, dass du jedes Problem alleine lösen kannst

Der Sinn des Fitnesstrainings besteht vor allem darin, deinen Körper fit und belastbar zu halten. Irgendwann geht es jedoch mit »Bordmitteln« nicht weiter. Diese Erkenntnis missachten viele Freizeitsportler aber nur allzu gerne und fangen damit an, in McGyver-Manier selbst an den Problemen herumzudoktern. Gerade der Hype um die positive Wirkung des Faszientrainings mit dem Foam Roller hat viele Laien dazu gebracht, jedes Zwicken selbst behandeln zu wollen. Oft reicht regelmäßiges Faszientraining auch aus.

In vielen Fällen wird die Situation aber grundsätzlich falsch eingeschätzt. Das wiederum kann zur Verschlimmerung der Situation führen, denn gerade, wenn Triggerpunkte falsch belastet oder überlastet werden, sind Verletzungen vorprogrammiert. Auch wenn die Ursache für Schmerzen und Verspannungen nicht im Bereich der Faszien zu suchen ist, ist das unbeaufsichtigte Herumdoktern mit dem Foam Roller kontraproduktiv. Nichts kann die Erfahrung eines ausgebildeten Spezialisten ersetzen.

Dieser weiß nämlich, was zu tun ist, da er sich nicht auf die Symptome konzentriert, sondern an den Ursachen ansetzt. Wenn du also über einen längeren Zeitraum (z.B. mehrere Wochen) Probleme hast, sind Experimente fehl am Platze. Such dir besser einen guten Physiotherapeuten auf, der deine Gesamtsituation analysiert und dich dementsprechend behandelt. In den meisten Fällen bekommst du dabei auch gleich Tipps mit an die Hand, mit deren Hilfe du zuhause weiterarbeiten kannst.

Nimm dein Trainingspensum unter die Lupe
Wenn du dich ständig um das Stretchig oder Foam Rolling einer speziellen Muskelgruppe oder Körperpartie kümmern musst, liegt das nicht immer an verklebten Faszien. Gerade, wenn du ein hohes Trainingspensum abspulst, ist die Überlastung von Muskulatur und Fasziengewebe die Ursache des Problems. Bevor du also damit beginnst, wahllos zwickende Körperpartien mit dem Foam Roller zu bearbeiten, solltest du deinen Trainingsplan analysieren. Im Zweifelsfall lassen sich Probleme durch die Optimierung der Regeneration eher beseitigen. Denke also zunächst an ausreichend Schlaf, eine ausreichende Versorgung mit Proteinen sowie den wichtigsten Mikronährstoffen und genügende Ruhezeiten, bevor du zur »groben Kelle« greifst.

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