Alleine in den letzten Jahren haben sich im Bereich des Kraftsports derart viele neue Maschinen und Übungen etabliert, sodass viele Trainierende sich im Fitnessstudio schon kaum mehr entscheiden können, welche Übung sie letzten Endes ausführen sollen, um einen athletischen Oberkörper aufzubauen. Eine gegenläufige Bewegung erfahren in diesem Zusammenhang bezeichnenderweise klassische Übungen wie der Liegestütz. Im Angesicht der unzähligen Maschinen, die nur darauf warten, von dir mit Hantelscheiben beladen zu werden, erscheint es auch wirklich seltsam, warum du eine solch pomadige Übung wie den Liegestütz ausführen solltest. Richtig oder? Nicht so schnell mein Freund, denn nicht umsonst gilt exakt dieser Klassiker als die kompletteste Übung für den Oberkörper. Warum dies so ist, welche Vorteile die Übung hat und wie du sie richtig ausführst, erfährst du im Rahmen dieses Artikels.

Warum Liegestütze deine Aufmerksamkeit verdienen

Du denkst vielleicht, dass Eigengewichtsübungen wie Liegestütze nicht genug Widerstand erzeugen, um das Muskelwachstum der Brust, der Schultern oder des Trizeps auf Dauer zu fördern. Prinzipiell magst du mit dieser Ansicht auch richtig liegen, denn im Vergleich zu einem Satz Bankdrücken mit 150 Kilogramm ist der zu bewältigende Widerstand tatsächlich lächerlich gering. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass Liegestütze eine reine Zeitverschwendung wären. Wenn es dein Ziel ist, Muskelmasse aufzubauen, solltest du dir darüber im Klaren sein, was deine Muskulatur wirklich zum Wachsen bringt – das Trainingsgewicht oder die tatsächliche Kraftanstrengung, die deine Muskulatur leisten muss? Unter dem Strich kommt es nämlich gar nicht so sehr auf das Gewicht an, sondern viel mehr darauf, dass du deine Muskulatur an ihre Grenzen bringst. Warum sollten auch sonst Trainingsprinzipien wie das German Volume Training mit ihren vergleichsweise geringen Lasten dafür aber umso höheren Volumina funktionieren? Im Kern kommt es auf das funktionelle Zusammenspiel der Muskulatur an, die dafür sorgt, dass diese so effizient wie möglich arbeiten kann. Und an dieser Stelle kommen die Liegestütze ins Spiel, da sie im Gegensatz zum klassischen Bankdrücken einen anderen Belastungsfokus setzen. Dieser Fokus liegt aufgrund des natürlichen Bewegungsablaufs sowie des verhältnismäßig niedrigen Gewichts auf den kleineren Muskeln im Bereich der Schulter respektive der Schulterblätter, deren Bedeutung auch für die Kraftentfaltung beim Bankdrücken nicht unterschätzt werden sollte. Wenn du also die entsprechende Muskulatur durch Liegestütze trainierst und damit deine Schultermobilität verbesserst, förderst du indirekt die Option, auf der Bank gleich eine Scheibe mehr auflegen und damit einen stärkeren Wachstumsreiz setzen zu können.

Arbeite dich an den Liegestütz heran

Es gibt keinen Grund, sich dafür zu schämen, keinen sauberen Liegestütz ausführen zu können. Du wirst tatsächlich verwundert sein, wie viele kräftige Menschen nicht einmal einen einzigen Liegestütz ausführen können. Dies liegt offensichtlicherweise aber nicht daran, dass diese Athleten zu schwach wären, sondern daran, dass sie die Übung einfach nicht ausführen – und genau das ist definitiv ein Grund, sich zu schämen. Unter dem Strich gibt es für dieses Problem also nur eine einzige Lösung, nämlich üben. Wenn du also auch zu diesen Personen gehörst, solltest du mit einer Vereinfachung der Übung anfangen, um deine Muskulatur an die Belastungsmuster zu gewöhnen und dich Schritt für Schritt zu steigern. Den sogenannten Frauenliegestütz, der üblicherweise auf den Knien durchgeführt wird, solltest du dir aber gleich aus dem Kopf schlagen, denn die zahlreichen Möglichkeiten, dabei zum Zweck der Entlastung zu schummeln, sind zu verlockend. Stattdessen solltest du den Belastungswinkel ändern, indem du deine Hände auf einer Erhöhung positionierst, womit sich die auf die Zielmuskulatur einwirkende Belastung verringert und du dich auf das Erlernen des Bewegungsablaufs konzentrieren kannst. Je höher sich dabei der Unterbau unter deinen Händen gestaltet, desto leichter ist die Übung. In der Praxis eignet sich dafür beispielsweise eine Trainingsbank. Verfahren so lange auf diese Weise, bis du drei Sätze mit mindestens zwölf Wiederholungen schaffst. Dann kannst du die Höhe des Unterbaus verringern oder gleich zum konventionellen Push-up übergehen.

Wie tief soll ich heruntergehen?

Die Antwort auf diese Frage wird dich wahrscheinlich verwundern, zumal unsere Empfehlung nicht der in vielen Magazinen verbreiteten Pseudo-Weisheit entspricht, ja nicht zu tief herunterzugehen. Die Rede ist von der fälschlichen Annahme, dass zwischen Ober- und Unterarm maximal ein 90-Grad-Winkel bestehen darf, da ansonsten die Schulter geschädigt werden würde. In Wahrheit jedoch gibt es keine optimale Beugetiefe, geschweige denn eine Tiefe, die per se gesundheitsschädlich wäre. Viel mehr ist es so, dass die individuelle Schulteranatomie darüber entscheidet, wie weit du beim Liegestütz heruntergehen kannst, bevor du deine Gelenke überlastest. Auch bereits bestehende Verletzungen sowie muskuläre Dysbalancen haben dabei durchaus ihren Einfluss. Im Normalfall ist der menschliche Körper aber dazu in der Lage sich im Rahmen jeder Beugetiefe völlig schmerzfrei der Kraftentfaltung zu widmen. Wenn du also keine Verletzungshistorie hast oder aufgrund anderweitiger medizinischer Probleme eingeschränkt bist, solltest du immer versuchen, den größtmöglichen Bewegungsradius auszunutzen, um so viele Muskelfasern wie möglich über einen möglichst langen Zeitraum unter Spannung zu setzen. Im Klartext: Geh so tief, bis du mit der Nasenspitze den Boden berührst.

Wie viele Liegestütze soll ich machen?

Der Liegestütz zählt zu den wenigen Übungen, bei denen Volumen tatsächlich King ist und dementsprechend forciert werden sollte. Natürlich bedeutet das nicht, dass du einen auf Rocky Balboa machen und 75 Wiederholungen pro Satz aus dir herausquetschen musst, denn extrem hohe Volumina führen auf der anderen Seite wiederum zu einer Vernachlässigung der Technik. Anstatt also einige wenige Sätze mit extrem vielen Wiederholungen zu absolvieren, solltest du dir lieber ein Gesamtziel an Wiederholungen setzen, das du erreichen möchtest. Achte in diesem Zusammenhang aber darauf, dass deine Sätze zwischen 15 und 20 Wiederholungen umfassen. Fahren dann solange fort, bis du deine Zielwiederholungszahl erreicht hast oder pro Satz nicht mehr sechs oder sieben Wiederholungen schaffst. Natürlich ist der potenzielle Widerstand gegenüber dem Training mit Hanteln geringe. Die kürzeren Regenerationszeiten, die durch das Training mit dem eigenen Körpergewicht ermöglicht werden, kompensieren diesen Nachteil jedoch nicht nur, sondern konvertieren diesen zu einem Vorteil, da die Intensität der schnell aufeinanderfolgenden Belastungsreize ernorm ist.

Wie setzte ich Liegestütze am besten ein?

Liegestütze kannst du verständlicherweise nicht planlos einsetzen, denn es handelt sich schließlich um eine Druckübung, da sie sowohl deine Brust als auch Schultern und Trizeps belastet. Wichtig ist aber in jedem Fall, dass du Liegestütze nicht ausführst, wenn deine Muskulatur noch völlig kalt ist. Dementsprechend solltest du insbesondere die Schultermuskulatur im Vorfeld ein wenig aufwärmen. Unter diesem Umstand kannst du die Übung recht variabel einsetzen, wobei du die Wahl hast, die Übung entweder als erste Übung vor dem Bankdrücken oder unmittelbar nach dem Bankdrücken als Finisher auszuführen. Insbesondere die zuerst genannte Variante solltest du für den Fall vermeiden, dass du beispielsweise einen neuen Rekord auf der Bank aufstellen möchtest, da deine Muskulatur verständlicherweise vorermüdet wird. Da du für den Liegestütz kein weiteres Equipment benötigst, kannst du selbstredend ortsunabhängig und damit deutlich öfter an deiner Technik sowie an der beteiligten Muskulatur feilen. Es schadet beispielsweise keinesfalls, jeden Tag mit zwei bis drei Sätzen Liegestützen zu beginnen. Du wirst nicht nur erstaunt sein, wie fit du in den Tag startest, sondern auch, welche Fortschritte du binnen nur weniger Wochen in puncto Kraftentwicklung und Muskelaufbau machst.

Fazit

Unter dem Strich handelt es sich beim Liegestütz also keineswegs um eine Übung, die auf den Fitness-Friedhof gehört, sondern um eine hervorragende Old-School-Übung, die in keinem Trainingsplan fehlen sollte. Also, gibt dir einen Ruck und fördere mit Hilfe deines eigenen Körpergewichts nicht nur den Muskelaufbau, sondern auch die funktionelle Beweglichkeit deiner Schultern.

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