Ein anonymer Erfahrungsbericht

Eigentlich soll der Fitnesssport dazu dienen, uns einen gesunden und widerstandsfähigen Körper zu bescheren. Das sollte man zumindest meinen. Für viele Hobby-Sportler bedeutet der Kraftsport jedoch mehr. Es geht nicht mehr darum, fit und gesund zu sein, sondern eher darum, den perfekten Körper zu bekommen, um andere zu beeindrucken und das eigene Selbstwertgefühl zu steigern. Dass viele Profi-Bodybuilder ihre Form ohne Doping niemals erreicht hätten, brauchen wir wohl niemandem mehr zu erzählen.

Was aber durchaus erzählenswert ist, ist, dass auch immer mehr Trainierende, die ihr Geld eben nicht mit ihrem Körper auf der Wettkampfbühne verdienen, zu Steroiden und anderen Dopingmitteln greifen. Warum aber setzen sich junge Menschen solchen gesundheitlichen Risiken aus, obwohl sie eigentlich wissen sollten, was Doping mit ihrem Körper macht? Die Antwort darauf und welche Auswirkungen die „Abkürzung aus der Spritze“ auf sein Leben hatte, liefert uns Markus.

Ein ganz normaler Junge aus München
Markus – das ist nicht sein richtiger Name, denn er möchte anonym bleiben – ist 17 Jahre alt und ein ganz normaler Teenager. Er wohnt am Rande von München und geht in die 11. Klasse des Gymnasiums. Wie in diesem Alter üblich beginnen er und seine Freunde sich mehr und mehr für das Krafttraining zu interessieren. Sie beschließen, sich im Fitnessstudio in der Nähe der Schule anzumelden, um dort wie 9,1 Millionen Deutsche für den „Traum-Body“ zu pumpen. So nennt es jedenfalls der schlaksige junge Mann mit dem blassen Gesicht, der sich auf diesem Weg bessere Chancen bei den jungen Frauen in seiner Jahrgangsstufe erhofft.

In den ersten Monaten geht es gut voran, denn Markus und seine Freunde legen beim Krafttraining ordentlich zu. Irgendwann jedoch beginnt Markus den Anschluss zu verlieren. Seine Freunde drücken zunehmend mehr auf der Bank und entwickeln sich auch körperlich deutlich schneller. Um mit seinen Freunden mitzuhalten, trainiert Markus härter und legt Sonderschichten ein. Doch die Erfolge kommen nicht so schnell, wie er es sich erhofft.

Und so beginnt er im Internet zu recherchieren und stößt schnell auf einen Online-Shop, der auf den ersten Blick völlig professionell scheint und nicht etwa so, wie man sich einen zwielichtigen Online-Vertrieb für illegale Dopingmittel vorstellt. Da der schnelle Erfolg ohne lange Wartezeit lockt, opfert Markus einen Teil seines Geldes, das er durch Nachhilfe verdient hat, und bestellt sich eine Packung.

Einstieg in den Teufelskreis
Innerhalb weniger Monate nimmt Markus mächtig an Gewicht zu. Aus dem 65 Kilogramm leichten Spargeltarzan ist ein kräftiger Mann mit über 90 Kilogramm geworden. Bei Markus läuft es super, denn seine Freunde steckt er beim Bankdrücken schon lange in die Tasche. Damit aber noch nicht genug, denn er hat auch endlich Lisa erobert. Die beiden sind nun seit einigen Wochen ein Paar. Nach rund einem Jahr hatte Markus sein Ziel erreicht. Auf die Frage, warum er den Stoff nicht abgesetzt hat, antwortet Markus: „Naja, ich hatte Angst Lisa wieder zu verlieren, wenn ich dünner werde. Also habe ich weitergemacht.“

Markus trainiert wie ein Besessener und gibt immer mehr Geld für Dopingmittel aus. Bald sieht die abschließbare Schublade seines Nachtschrankes neben dem Bett aus wie eine Apotheke. Eines Morgens steht Markus auf und schnappt sich eine Ampulle und eine Kanüle. Lisa hat bei ihm übernachtet, noch schläft sie. Markus nutzt die Gelegenheit und geht ins Bad. Er macht sich kurz frisch und zieht danach mit geschulten Handgriffen die Spritze auf. Dann setzt er die Spritze wie schon dutzende Male gekonnt am Oberschenkel an und sticht zu. Gerade als er die Spritze entsorgen will, erscheint Lisa im Bad.

Es kommt zum Streit, denn Lisa hatte ihn bereits einmal erwischt und gefordert, dass er aufhören sollte, dieses Zeug zunehmen. Der Streit verläuft heftig. Lisa droht damit, Markus zu verlassen. Markus spürt eine unglaubliche Wut in sich aufsteigen und schlägt zu. Es ist nicht das erste Mal, dass Markus derart impulsiv reagiert. Erst kürzlich hat er einem Jungen, der ihn in der Schule zu lange angeschaut hatte, einfach so ein Veilchen verpasst. Auch seinen Eltern und Lehrern gegenüber war er immer wieder grob geworden. Selbst seine Lisa, die er über alles liebte, bekam wegen den geringsten Anlässen seine unkontrollierten Wutausbrüche zu spüren.

Körperlicher Verfall wird spürbar
Drei Monate später steht Markus vor dem Spiegel im Fitnessstudio. Lisa hat sich inzwischen von ihm getrennt. Er sei ein richtiges Arschloch geworden, hatte sie gesagt. Markus konnte das nicht nachvollziehen und reagierte, indem er noch härter trainierte. Markus hat erneut zugelegt, das sieht er. Er sieht aber auch, dass sein Gesicht immer pickeliger wird. Auch sein Rücken ist mittlerweile von Akne-Narben übersäht. Aber das ist Markus egal, er ist stolz darauf bald die 100 Kilo-Marke zu erreichen.

Immer häufiger wacht Markus mitten in der Nacht schweißgebadet auf und spürt sein Herz wild schlagen. Wenn er sich Fotos von früher ansieht, fällt ihm auch auf, dass er bereits deutliche Geheimratsecken bekommt. Eine Nebenwirkung, die man akzeptieren muss, wenn man einen Traumkörper haben will, denkt er. Eines jedoch macht ihm zunehmend Sorgen. Mittlerweile hat er nämlich auch Schmerzen in den Brustwarzen. Als die Schmerzen auch nach einigen Tagen nicht weggehen, sucht Markus im Internet nach einer Lösung. „Der Körper wandelt überschüssiges Testosteron in Östrogen um. Das kann zum Wachstum einer weiblichen Brust führen“, liest er.

Markus ist schockiert und beschließt, alle noch übrigen Ampullen wegzuwerfen und mit dem Stoffen aufzuhören, denn „Bitch-Tits“ will er um keinen Preis. Markus merkt schnell, dass es ein Fehler war, das Testosteron abzusetzen. Er fühl sich matt, niedergeschlagen, leer. Er merkt, dass er schwächer wird. Gefühlt nimmt sein Bizeps an jedem Tag einen Zentimeter an Umfang ab. Er hält es nicht mehr aus, wird schwach und besorgt sich erneut einen Monatsvorrat.

Der Tiefpunkt
Markus ist von der Angst besessen, seine Muskeln und damit auch seinen Status zu verlieren. Dass er trotz Schmerzen in den Brustwarzen nicht mit dem Spritzen aufgehört hat, macht sich deutlich bemerkbar. Unter dem weiten Pullover, den er selbst jetzt im Frühsommer noch trägt, verbirgt er seine Männerbrüste. Er hat Angst, dass sie jemand sehen könnte – vor allem die Schränke aus dem Studio und natürlich die jungen Frauen in seiner Stufe. Erneut entsorgt Markus alle übrigen Ampullen. Jetzt will er es endlich schaffen.

Bereits seit einer Woche hat Markus nichts mehr genommen. Er fühlt sich trotzdem schlecht. Es sind nicht nur seine „Bitch-Tits“ die Markus Sorgen machen, sondern auch das immer öfter auftretende Herzrasen. Heute steht in der Schule Sport auf dem Stundenplan. Eigentlich ein Fach, auf das sich Markus immer gefreut hatte. Ihm fiel es immer schwerer, seine Männerbrust zu verbergen und hatte in den letzten Wochen dementsprechend oft den Unterricht geschwänzt.

An diesem Tag muss Markus allerdings mitmachen, denn er braucht die Note im 400-Meter-Lauf für sein Abitur. Markus steht unter dem Grinsen seiner Mitschüler im Startblock. Er trägt noch immer seinen grauen „Gold’s Gym“-Pullover, dabei sind es mindestens 25 Grad. Sein Herz schlägt bis in den Hals als er startet. Immer schneller geht sein Puls, sein Gesichtsfeld verengt sich. Die Welt um ihn herum verschwimmt. Als Markus zu sich kommt kniet ein Notarzt über ihm. Er liegt mit aufgeschnittenem Pullover mitten auf der Tartanbahn. Als er sich umsieht, blickt er in die besorgten Gesichter seiner Mitschüler. Ein Stechen in der Brust. Dann wird wieder alles schwarz.

Dem Tod von der Schippe gesprungen aber für das Leben gezeichnet
Seit dem Vorfall auf dem Sportplatz ist ein halbes Jahr vergangen. Mit Hilfe eines Psychotherapeuten hat Markus es geschafft, sowohl seine depressiven Verstimmungen als auch seine Sucht zu besiegen. Wie der Arzt ihm im Krankenhaus mitgeteilt hatte, hatte er an diesem Tag gleich zwei Herzinfarkte infolge einer starken Herzmuskelhypertrophie erlitten. Nur durch die Reanimation der Sanitäter hatte man ihn auf dem Sportplatz retten können, nachdem ihm das zweite Mal schwarz vor Augen geworden war.

Markus hat Glück gehabt, das weiß er. Auch wenn er fast 20 Kilo abgenommen hat fühlt er sich ohne „Stoff“ besser. Mittlerweile trainiert Markus sogar wieder. Vorsichtig allerdings – das hat ihm sein Arzt eingeschärft, denn das extreme Wachstum des Herzmuskels ist nicht umkehrbar und kann bei Überlastung jederzeit wieder zu einem Infarkt führen. Wenigsten seine „Bitch-Tits“ wird er in einigen Wochen los sein. Dann nämlich hat Markus seinen OP-Termin, bei dem ihm das Fettgewebe aus der Brust entfernt wird. Narben allerdings werden von der von OP ebenso bleiben wie von seiner starken Steroid-Akne.

Auf die Frage danach, ob es das wert war, tut sich Markus schwer mit einer Antwort. Er seufzt und zeigt lediglich auf einen seiner Freunde, wir nennen ihn Toni. Sein Blick fällt auf den durchtrainierten aber nicht aufgeblasen wirkenden Trizeps seines Freundes, der gerade mit Lisa redet. Markus hält einen Moment inne und sagt: „Hätte ich nicht alles sofort haben wollen, hätte ich vielmehr erreichen können. Ich aber muss froh sein, dass ich noch lebe. Ich laufe mit Akne-Narben herum und muss aufpassen, dass ich mein Herz nicht überlaste. Verdammt, ich bin gerade mal 19! Ob es das wert war? Nein!“

So kommst du gar nicht erst in Versuchung
Markus ist nur einer von rund 1,8 Millionen Trainierenden in Deutschland, die nach Zahlen der Universitätsklinik Lübeck illegale Dopingmittel konsumieren oder konsumiert haben. Die Dunkelziffer liegt vermutlich noch höher. Wie du gesehen hast, können die gesundheitlichen Folgen drastisch sein. Neben den Auswirkungen, die Markus glücklicherweise bis heute einigermaßen überwunden hat, hat der Dopingmissbrauch auch weitere Folgen.

Häufig kommt es zu schweren Schäden an der Leber, die sich anhand von Schmerzen und der Gelbfärbung der Augen bemerkbar machen. Oft Rettet dem Betroffenen nur eine Lebertransplantation das Leben. Auch die Schrumpfung der Hoden auf Erbsengröße nebst Zeugungsunfähigkeit ist alles andere als ein Schauermärchen. Nicht umsonst gelten Bodybuilder unter Pathologen als sehr beliebte Studienobjekte. Damit du aber gar nicht erst in diesen Teufelskreis gerätst, kannst du einiges tun:

1. Beschäftige dich eingehend mit den Themen Training und Ernährung. Auch bei uns findest du mehr als genug Material, das dir dabei hilft, dein Ziel ohne Spritzen und Tabletten zu erreichen.
2. Wähle ein Fitnessstudio aus, in dem es genügend Trainer für eine kompetente und persönliche Betreuung gibt. In solchen Studios ist die Wahrscheinlichkeit geringer, in die von Doping verseuchten Kreise zu geraten.
3. Suche dir einen erfahrenen Trainingspartner oder Mentor im Studio. Hier bekommst du das Rüstzeug mit auf den Weg, um langfristig fit und gesund zu sein. Sei dir aber dessen bewusst, dass Erfolge nicht über Nacht kommen.

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