Nicht zuletzt durch das Internet verbreiteten sich Informationen über die physiologischen Grundlagen des menschlichen Körpers in der gesamten Fitnesswelt. Jeder Zweite nennt sich Fitnessexperte und geht mit dem neu erworbenen Halbwissen hausieren, ohne selbst einmal ein Standardwerk über Sport- und Ernährungsphysiologie gelesen zu haben. Gefahren birgt dies vor allen Dingen für Einsteiger, die durch die missbräuchliche Verwendung von Begriffen und halb gare Definitionen eher verwirrt als informiert werden.

Eben jenes Szenario trifft auf kaum eine Begrifflichkeit so sehr zu, wie auf die der Worte anabol, katabol sowie antikatabol. Wir zeigen euch, was wirklich dahinter steckt, und dass der Begriff anabol nur bedingt etwas mit den berüchtigten Anabolika gemein hat.

Was anabol, katabol und antikatabol wirklich bedeutet

Den größten Wirbel verbreitet stets der Begriff anabol, der für so manchen Fitnessathleten, der sich nicht hinlänglich mit der Materie auskennt, als rotes Tuch gilt. Die Begrifflichkeit stammt aus dem Griechischen und kann mit "aufbauend" übersetzt werden. Im Bezug auf die Physiologie des menschlichen Körpers steht dieser im Zusammenhang mit dem Anabolismus beziehungsweise Baustoffwechsel, der den Aufbau von Stoffen und Substanzen im Organismus beschreibt und rein gar nichts mit verbotenen Substanzen zu tun hat. Beispielhafte Prozesse, die anabol wirken, sind die Proteinbiosynthese sowie die Gluconeogenese, also das Auffüllen der Kohlenhydratspeicher. Ein anaboler Zustand wird zumeist durch Hormone wie Insulin und Testosteron ausgelöst, wobei Letzteres auch oftmals als synthetisch hergestellte Dopingsubstanz missbraucht wird, um die Eiweißsynthese und somit den Muskelaufbau zu fördern. Der Begriff katabol hat seine Wurzeln ebenfalls in der griechischen Sprache und lässt sich sinngemäß mit "Kräfteverfall" übersetzen. Folglich bezeichnet der Katabolismus, abbauende Prozesse im Organismus, die vor allem unter Belastung oder aufgrund von Stress auftreten. Zu diesen katabol wirkenden Prozessen, die primär der Energiegewinnung aus körpereigenen Ressourcen, wie Glycogen, Fett und Protein dienen, gehören der Glykogen-Abbau sowie die Verstoffwechslung von Körperfett. In diesem Zusammenhang bedeutet antikatabol nicht zwingend anabol, sondern bezeichnet das Lahmlegen kataboler Prozesse durch einen bestimmten Stoff. Im Bereich des Fitnessports kommt klassischerweise das antikatabol wirkende Casein-Protein zum Einsatz, welches entweder in speziellen Nahrungsergänzungen oder in Milchprodukten enthalten ist.

Zusammenspiel der Stoffwechselprozesse

Um die Funktionsweise der verschiedenen Prozesse zu veranschaulichen, ist es notwendig das Zusammenspiel katabol, antikatabol und anabol wirkender Stoffwechselvorgänge, die in der Regel fließend ineinander übergehen, in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Während des Trainings steigt der Energiebedarf des Körpers an, sodass durch die Ausschüttung des katabol wirkenden Stresshormons Cortisol, der Abbau körpereigener Kohlenhydrate, Fette und auch Proteine zwecks Energiegewinnung angestoßen wird. Nach dem Training erholt sich der Körper von der Belastung, was zur Folge hat, dass der Cortisolspiegel sukzessive sinkt und somit seinem Gegenspieler, dem anabol wirkenden Insulin, den Weg bereitet, wodurch bereits der Baustoffwechsel initiiert wird. Durch die Aufnahme von hochglykämischen Kohlenhydraten nach dem Training wird weiterhin die Ausschüttung von Insulin forciert, was zunächst antikatabol wirkt. Sobald sich beispielhaft das Verhältnis von Insulin zu Cortisol, zugunsten des Insulins verschiebt, beginnt der Körper im Rahmen des Baustoffwechsels mit dem Aufbau neuer komplexer Gewebsstrukturen aus einfachen Molekülen, also Nährstoffen, die über die Nahrung zugeführt werden. Nachdem die Nahrung umgesetzt wurde, sinkt der Insulinspiegel, was zu Folge hat, dass bedingt durch den erneuten Anstieg des katabol wirkenden Stresshormons Cortisol, die abbauenden Stoffwechselprozesse zur Energiegewinnung angeschoben werden.

Das Schreckgespenst des Katabolismus

Selbstredend ranken sich auch um diese Stoffwechselprozesse zahlreiche Mythen und Legenden, wie das Schreckgespenst des exorbitanten Katabolismus, der während des Trainings unerbittlich Muskelprotein verheizt. Es ist zwar korrekt, dass der Organismus im Rahmen der Energiegewinnung Protein verbraucht, jedoch liegt der Anteil im Verhältnis zu Kohlenhydraten und Fett bei durchschnittlich 1,25%. Darüber hinaus benötigt der Körper diese Proteine nicht, um aus ihnen Bewegungsenergie zu gewinnen, sondern in Form von Enzymen, mit deren Hilfe die Verstoffwechslung von Fett und Kohlenhydraten überhaupt erst möglich ist. Folglich stellt es sich als Irrglaube heraus, dass ein als katabol zu bezeichnender Zustand mit großem Muskelverlust gleichzusetzen ist. Zweifelsohne ist es für Kraftsportler dennoch von Vorteil, so schnell wie möglich in den als anabol geltenden Baustoffwechsel zu gelangen. Da in diesem Zusammenhang die Reduzierung des Cortisolspiegels notwendig ist, eignen sich verzweigtkettige Aminosäuren, die sogenannten BCAA’s dazu, dem Körper beim Übergang in den Anabolismus zu helfen. Auch wenn wir über lange Zeit nichts essen, verbraucht unser Körper Protein, um Energie aus Depotfett gewinnen zu können. Zwar sind auch diese Mengen sehr gering, doch sie summieren sich innerhalb von Wochen, Monaten und Jahren. Um also den Muskelaufbau um die letzten Prozente zu optimieren, empfiehlt sich die Einnahme antikatabol wirkender Supplemente oder Nahrungsmittel, vor allem kurz vor dem Schlafengehen. Speziell für diesen Zweck eignet sich Casein, das nicht nur antikatabol wirkt, sondern auch besonders in einer kalorienreduzierten Diät, aufgrund der hervorragenden Sättigung, einer abendlichen Wohltat gleichkommt.

Fazit

Die Begriffe anabol, katabol und antikatabol sind bei Weitem weniger geheimnisvoll als es ihr Name und die Legendenbildung um diese Schlüsselbegrifflichkeiten vermuten lassen. Vielmehr sind diese drei einfachen Worte als vereinfachtes Modell des menschlichen Stoffwechsels zu betrachten, das es jedem Freizeitathleten ermöglicht die biochemischen Vorgänge, die vor, während und nach dem Training vonstattengehen, zu verstehen. Mit dem Verständnis dieser Begriffe ist es ferner möglich, der mündlichen Überlieferung von Halbwissen den Kampf anzusagen und fundierte ernährungstechnische Entscheidungen zu treffen, die in jeder Hinsicht zielführend sind.